Horlachgraben

Pilotprojekt Schlammreduktion
Horlachgraben, Becken 5

Auf dem Gewässergrund des Becken 5 des Horlachgrabens befindet sich eine Schlammschicht mit einer durchschnittlichen Stärke von 1,20 m. Der Schlamm besteht hauptsächlich aus organischem Material, verursacht durch den Eintrag von Laub, Ästen, Überresten von Wasserpflanzen, Ausscheidungen der Fische und abgestorbenen Algen. Durch die Nährstoffeinträge und die Zersetzung des organischen Schlammes kommt es zu einem Nährstoffüberschuss im Gewässer, der wiederum zu einem starken Wachstum von Algen und Wasserlinsen führt. Damit ist die Eutrophierung des Gewässers ein sich selbst verstärkender Prozess, der durch Sauerstoffmangel und Gifte, die zum Beispiel durch Blaualgen oder Faulgase entstehen, zum Fischsterben führen kann. 

Ziel des Pilotprojektes ist es, 20 cm des Bodenschlammes abzubauen und damit nachzuweisen, dass der Abbau von Schlamm ausschließlich durch die Werkzeuge der Natur ein kostengünstiges und umweltschonendes Verfahren ist. Genutzt werden dafür Bakterien, die speziell für den Einsatzzweck in sogenannten Braustationen konditioniert werden und Exoenzyme bilden. Die Bakterien entsprechen denen in der Natur vorkommenden Stämmen, die aber im Gewässer nicht mehr ausreichend vorhanden sind, um das vorhandene organische Material abzubauen.    

Der Horlachgraben ist Teil eines alten Main-Armes und wird als Vorfluter zur Aufnahme des Regenwassers aus der Kanalisation genutzt. Der Graben hat keinen natürlichen Zulauf. Das Becken 5 besitzt eine Länge von 654 m, eine Breite von 21 m und eine mittlere Tiefe von 2,95 m. Das bedeutet, dass das Becken bereits zu 41 % mit Schlamm gefüllt ist. 

Das Verfahren - Steuerung der natürlichen Prozesse

Wirkprinzipien an der Gewässeroberfläche

  • Die Bakterien nehmen an der Gewässeroberfläche sehr effizient Nährstoffe auf und stellen so das natürliche Gleichgewicht wieder her. Die Vermehrung der Algen wird dadurch eingeschränkt.
  • Stickstoffverbindungen werden über die Nitrifikation und Denitrifikation durch die Bakterien in Luftstickstoff umgesetzt und damit dem Wasser entzogen.
  • Die Bakterien werden vom Zooplankton gefressen. Dadurch gelangt zum Beispiel das aufgenommene Phosphat wieder in die Nahrungskette des Sees.
  • Durch die zusätzlichen Nährstoffe in der Nahrungskette partizipieren auch die im Gewässer lebenden Tiere von der Behandlung des Horlachgrabens.


Wirkprinzipien am Gewässergrund

  • Mithilfe von Sauerstoff bauen die Bakterien gemeinsam mit den Exoenzymen die organischen Schlammbestandteile sehr schnell zu ungiftigen Stoffen ab.
  • Stickstoffverbindungen werden über die Nitrifikation und Denitrifikation in Luftstickstoff umgesetzt.
  • Kohlenstoffverbindungen werden zu CO₂ umgebaut.
  • Phosphat wird von den Bakterien aufgenommen und gelangt somit zurück in die Nahrungskette des Gewässers. Mit steigender Sauerstoffsättigung wird Phosphat teilweise auch im Sediment abgelagert. 
  • Mit Beseitigung des organischen Materials sinkt der Sauerstoffbedarf am Gewässergrund und damit das Potenzial zur Faulgasbildung.

Die Behandlung

Das Projekt startete am 09.08.2023 mit der ersten Einbringung von 4.000 Liter Bakterienprodukt, das zu 98 % aus Wasser, Bakterien und Enzymen besteht. Vermehrt und konditioniert werden die Bakterien für ihren Einsatz in zwei speziellen Braustationen. Dieser Prozess dauert je nach Aufgabenstellung 48 oder 72 Stunden bei intensiver Sauerstoffzufuhr und einer konstanten Temperatur von 27 °C.

Das Projekt wird unterstützt und begleitet von:

  • Stadt Rüsselsheim am Main
  • Untere Wasserbehörde Kreis Groß-Gerau
  • Ingenieurbüro BGS Wasserwirtschaft GmbH
  • Umweltlabor CAL GmbH
  • INGA GBR Bobbe & Korte
  • Gewässerschutzbeauftragten der Stadt Rüsselsheim am Main
  • Städteservice Rüsselsheim Raunheim
  • Zentralkläranlage Rüsselsheim / Raunheim

Projekttagebuch

Datum

Tätigkeit / Ergebnis

18.07.2023

Schlammspiegelmessung
Schlammspiegel: 1,20 m

09.08.2023 1. Behandlung mit 4.000 Liter Bakterienprodukt
14.08.2023

2. Behandlung mit 4.000 Liter Bakterienprodukt

23.08.2023

Kontrollmessung Schlammspiegel und Kontrolle Sauerstoffsättigung
Schlammspiegel: 1,00 m 
Das Projektziel wurde bereits erreicht
Wassertemperatur: 23,40 °C (15 cm unter Wasseroberfläche)

03.09.2023 3. Behandlung mit 4.000 Liter Bakterienprodukt
Kontrolle Sauerstoffsättigung
07.09.2023 4. Behandlung mit 2.000 Liter Bakterienprodukt
Kontrolle Sauerstoffsättigung
27.09.2023 Kontrollmessung Schlammspiegel und Kontrolle Sauerstoffsättigung
Schlammspiegel: 0,80 m
Wassertemperatur: 14,20 °C (15 cm unter Wasseroberfläche)
29.09.2023

5. Behandlung mit 3.000 Liter Bakterienprodukt

20.10.2023

Kontrollmessung Schlammspiegel und Kontrolle Sauerstoffsättigung
Schlammspiegel: 0,75 m
Wassertemperatur: 11,40 °C (15 cm unter Wasseroberfläche)
Abschluss des Pilotprojektes

21.02.2024

Veröffentlichung des Monitoring-Berichtes der Brandt Gerdes Sitzmann
Wasserwirtschaft GmbH durch die Stadt Rüsselsheim. Das Unternehmen
führte das Monitoring im Auftrag des Magistrats der Stadt Rüsselsheim durch. 

Bericht lesen

 

Das Pilotprojekt wurde erfolgreich am 20.10.2023 abgeschlossen. Die Wasserqualität hat sich deutlich verbessert. Seit Juli 2023 wurde rund 45 cm Schlamm abgebaut. 

Bei den Messungen wird der direkte Zusammenhang zwischen den Wassertemperaturen und der Abbaugeschwindigkeit deutlich. Unter 9 °C stellen die Bakterien, die für den Abbau des Schlammes verantwortlich sind, die Arbeit ein. Zwischen 9 °C und 15 °C verringert sich die Abbaugeschwindigkeit deutlich.

Im Auftrag der Stadt Rüsselsheim hat die Brandt Gerdes Sitzmann Wasserwirtschaft GmbH ein Monitoring der Gewässerbehandlung durchgeführt. Am 21.02.2024 wurde der Bericht zum Pilotprojekt veröffentlicht. 

Monitoring Kurzbericht